Lux Gedankensalat der Erste

Christina Lux • 1. Januar 2025

Es geht mir so vieles durch den Kopf. Und das, was ich gern mit Euch teilen würde, verlege ich jetzt in diesen Raum. Stück für Stück werde ich das hier befüllen, sodass ihr direkt meine Texte lesen könnt. Es tut im Moment so gut Stimmen zu hören oder zu lesen, mit denen man sich verbunden fühlt und ich weiß, dass es einige von Euch gibt, die das sehr schätzen, die aber nicht auf Social Media unterwegs sind. Also leg ich mal los hier und freu mich auf Euch.

von Christina Lux 26. Januar 2025
Wenn Leute deshalb gewählt werden, weil sie das widerspiegeln, was in denen wohnt, die sie wählen, dann ist das fast meine größere Sorge. Dann sind die, die gewählt wurden, je scheußlicher sie agieren, eine Legitimation dafür, selbst genau so zu sein. Ohne Scham oder Reflexion. Kein Problem. Ein krimineller, lügender Präsident, der sich von Superreichen beraten lässt und sie zu Vertrauten macht. Ein ewig Empörter, ohne Gelassenheit, der beleidigt eitel agiert, der alles ausmerzen will. Sie alle wurden oder werden gewählt. Und wie kann es sein, dass wir ihnen diese Bestätigung geben?  Wir Menschen sind komische Vögel. Haben wir größtmögliche Freiheit, auch um aktiv teilzunehmen, wird uns das schnell zu viel, weil es anstrengend ist. Dann muss die große Ordnung her. Und einfache Lösungen. Und wir sind verdammt schnell bereit eine Menge aufzugeben um der vermeintlichen Sicherheit willen, die das produzieren soll. Erich Fried hat es am besten gesagt: "Was keiner geglaubt haben wird - was keiner gewusst haben konnte - was keiner geahnt haben durfte - das wird dann wieder das gewesen sein - was keiner gewollt haben wollte." Wir sind auf dem besten Wege dahin. Nur bis es dann kapiert wird, ist es eigentlich zu spät. Der Irrglaube, dass Freiheit die Befriedigung individueller Bedürfnisse ist, statt immer auch das Wohl aller im Sinn zu haben, die Idee, dass es am Ende ja dann doch cool ist, wenn man auf Kosten Anderer fette Profite macht, who cares, Ausbeutung, ach was, die sollen doch froh sein, dass sie Arbeit haben. Und dann diese perverse heimliche Bewunderung, wenn ein rücksichtsloser Mensch ohne jegliche Werte Erfolg hat. Was ist das nur? Dem Orangefarbenen hat diese Wahl jegliche Bestätigung, die nur möglich war, gegeben. Sogar der Sturm auf das Capitol wurde hingenommen. Unfassbar für mich. Mir fällt Max Frisch ein. Im Jahr meiner Geburt 1965 sagte er: „Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen.“ Die Menschen wollte keiner und ich fürchte, auch heute ist das sehr oft so. Tief verwurzelt in den Zellen tragen wir dieses Gefühl etwas besseres zu sein. Als privilegierte weiße Menschen haben wir das offenbar immer noch gut parat. Überall in Europa greift die Idee von Nationalismus und Abschottung, von Verachtung und Abwertung, von Eliten, für die dann andere Regeln und Voraussetzungen gelten und der Sündenbock ist fast überall der Ausländer. Treibt den Weißen die Angst und den Schwarzen die Wut, heißt es im Song Reise. Inspiriert von James Baldwin: „Ich vermute, einer der Gründe, warum Menschen so hartnäckig an ihrem Hass festhalten, ist, weil sie spüren: wenn der Hass einmal verschwunden ist, werden sie gezwungen sein, sich mit Schmerz zu beschäftigen.“ Solange wir dem innewohnenden Schmerz ausweichen, dass wir vielleicht doch klein und unwichtig oder wertlos und unbedeutend sind, lässt sich das Gefühl am leichtesten vermeiden, in dem wir unsere Wut auf Unzulänglichkeiten auf andere umlegen. Damit erhöhen wir uns und stellen uns über andere, statt echte Empathie für uns selbst und damit für andere zu erreichen. Ja, klingt wie rosarote Ideen. Aber ich komm’ da immer wieder hin. Die Dinge in der Welt verändern sich durch die Veränderung jedes einzelnen. Ich kann die Wut sehen und die Angst, dass man eben nicht mehr die Macht zur Unterdrückung haben könnte. Und dafür kämpfen Rechtsnationale im Moment überall. Ihre Vormachtstellung zu manifestieren. Und immer schick verkleidet in den vermeintlichen Schutz der Kultur, Heimatliebe. Stück für Stück in die Mitte gedrückt. "Denn der Nationalsozialismus in seiner skrupellosen Täuschertechnik hütete sich, die ganze Radikalität seiner Ziele zu zeigen, ehe man die Welt abgehärtet hatte. So übten sie vorsichtig ihre Methode: immer nur eine Dosis und nach der Dosis eine kleine Pause. Immer nur eine einzelne Pille und dann einen Augenblick Abwartens, ob sie nicht zu stark gewesen, ob das Weltgewissen diese Dosis noch vertrage. Und da das europäische Gewissen – zum Schaden und zur Schmach unserer Zivilisation – eifrigst seine Unbeteiligtheit betonte, weil diese Gewalttaten doch »jenseits der Grenze« vor sich gingen, wurden die Dosen immer kräftiger, bis schließlich ganz Europa an ihnen zugrunde ging. Nichts Genialeres hat Hitler geleistet als diese Taktik des langsamen Vorfühlens und immer stärkeren Steigerns gegen ein moralisch und bald auch militärisch immer schwächer werdendes Europa." Aus Stefan Zweigs Buch: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. von 1942 Wie sich stärken, gemeinsam sein und dem etwas entgegensetzen? Nicht still werden. Nicht still werden.
von Christina Lux 26. Januar 2025
Wie ich mich auch drehe und wende. Ich komme immer wieder auf Vertrauen und darauf, dass es mit das Schwerste und das Wichtigste ist. Alles beginnt mit dem Vertrauen in das Wesen, das man ist. Ist das nicht das, was einem schon von Beginn an gespiegelt wird, dann sucht man so lange, bis sich die Dinge im besten Falle finden und man sich aufrichten lernt in sich selbst. Das bringt eine Sache automatisch mit sich: Mitgefühl. Für den eigenen Narbensalat und damit auch für ein Gefühl von Verantwortung für sein eigenes Tun und ja, auch für seine Heilung. Wut und Hass in sich zu tragen auf sich selbst, ohne die Trauer darunter zu begreifen, bringt dieses Gefühl nach außen und trifft damit andere. Oder man sucht ständig einen Schuldigen, ohne Verantwortung zu übernehmen. Was wir sehen sind zunehmend Menschen, die nicht im Vertrauen sind und ununterbrochen nach Anerkennung und Bedürfnisbefriedigung suchen. Allerdings nicht im Sinne aller, sondern auf eine zunehmende um sich selbst kurbelnde Art. Was brauchen wir jetzt? Menschen, die sich ernsthaft dafür einsetzen, dass es möglichst allen und nicht nur einigen wenigen gut geht. Es ist ein Irrglaube, dass Dinge besser funktionieren, wenn man den ohnehin schon Privilegierten noch mehr Freiräume einräumt, die wirtschaftlich Schwachen noch weiter drückt, statt auch den Gedanken von Teilhabe zu sehen. Wer von all den teils enorm giftsprühenden Politikern macht überhaupt noch Vorschläge für mehr Miteinander und wo sind die Ideen, wie man nicht vollends ein von Superreichen und Eliten gesteuertes Land wird? Wir brauchen keine Disruption, sondern eine vernünftige Besinnung. Je mehr Chaos entsteht, angeheizt durch Menschen, die behaupten, sie liebten ihr Land, während sie versuchen, es ganz nach ihren Vorstellungen zu "säubern" und zu "ordnen" und den Keil immer tiefer treiben, desto mehr machen die Menschen zu und rennen den einfachen Lösungen hinterher. Mit Grausen hört man sich die Gespräche mit Hannah Arendt an, weil einem alles so bekannt vorkommt. Alles, was jetzt geschieht, wurde bereits gedacht und durchdacht. Alles vergessen. Es sind nicht die, die laut wüten und Gift sprühen, vor denen ich mich fürchte, es sind die, die ihnen nachrennen ohne Mitgefühl, ohne den Gedanken an Miteinander. Denn das sind die, die diese Wahl treffen. Täten sie es nicht, gäbe es diese Mehrheit nicht. Hass, Hetze, Diskriminierung, Frauenfeindlichkeit, Menschenverachtung, Faktenverdrehen ... nichts davon fällt unter Meinungsfreiheit.
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